Mit 33 zum Rollator – Warum ich eine Gehhilfe nutze (ME/CFS & Post-Covid)

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Ich bin inzwischen 34 Jahre alt und nutze seit ein paar Monaten einen Rollator. Wenn mir das vor ein paar Jahren jemand gesagt hätte, hätte ich vermutlich gelächelt und abgewunken. Ich dachte, ich würde in dem Alter höchstens einen Kinderwagen schieben.

Ich habe ME/CFS und Post-Covid, aber an ein Hilfsmittel hatte ich lange nicht gedacht. Bis mein Alltag irgendwann nicht mehr anders ging und ich den Mut aufbringen musste, mich selbst ernst zu nehmen.

ME/CFS & Post-Covid: Wenn eine Gehhilfe plötzlich nötig wird

Ich lebe seit über drei Jahren mit ME/CFS und Post-Covid. In der ersten Zeit war ich so erschöpft und überfordert, dass ich mich überhaupt nicht mit Hilfsmitteln beschäftigen konnte. Ich wusste weder, wo ich anfangen sollte, noch welche Möglichkeiten es überhaupt gibt.

Mit der Zeit wurde mein Zustand etwas stabiler. Zumindest das Gehen war wieder halbwegs möglich, solange ich meine Energie gut einteilte.

Dann kam im Januar 2025 eine erneute Infektion und mit ihr eine deutliche Verschlechterung. Seitdem ist Gehen wieder sehr anstrengend, Stehen fast unmöglich. Schon nach wenigen Minuten bekomme ich Schmerzen in den Beinen, mir wird schwindelig und manchmal sogar schwarz vor Augen. Ich wusste: So kann es nicht weitergehen. Ich musste etwas verändern.

Instagram als Wendepunkt: Hilfsmittel in der Community

In der Hoffnung, andere Betroffene zu finden, meldete ich mich bei Instagram an. Und tatsächlich: Ich stieß schnell auf Accounts von jungen Frauen mit ähnlichen Einschränkungen. Viele von ihnen sprachen nicht nur offen über ihre Symptome, sondern zeigten auch ganz selbstverständlich ihre Hilfsmittel – Rollatoren, Rollstühle, Gehstöcke, Duschhocker.

Zum ersten Mal dachte ich: Vielleicht würde mir das auch helfen. Dieser Gedanke war gleichzeitig befreiend und beängstigend.

Der erste Schritt zum Hilfsmittel: Innere Hürden überwinden

Trotzdem fiel es mir unglaublich schwer, den nächsten Schritt zu gehen. Ich wusste, dass meine Neurologin vermutlich Verständnis hätte, aber beim nächsten Termin brachte ich die Worte einfach nicht über die Lippen.

Ein paar Tage später schrieb ich ihr eine E-Mail. Ich erklärte, wie sehr sich mein Zustand verschlechtert hatte und fragte vorsichtig nach einem Rezept für einen Rollator. Die Antwort kam schnell und ich bekam das Rezept.

Trotzdem wartete ich fast bis zum letzten Gültigkeitstag des Rezepts, um ins Sanitätshaus zu gehen. Ich wusste: Der Rollator würde mir helfen. Aber ihn dann wirklich zu haben, das fühlte sich nochmal ganz anders an.

Im Sanitätshaus: Mein erster Rollator

Ich war mit meiner Mama dort. Der Mitarbeiter schaute sich kurz um und fragte, um wen es geht. Zuerst dachte er, meine Mama sei die Patientin. Ich fühlte mich komisch. Als wir klargestellt hatten, dass ich den Rollator brauche, war der unangenehme Moment zum Glück schnell überstanden und meine Nervosität ließ ein bisschen nach.

Ein Rezept für einen Rollator einzulösen, war am Ende einfacher als gedacht. Zumindest in meinem Fall musste kein Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden. Ich konnte direkt ein Modell mitnehmen. Je nach Bundesland und Krankenkasse ist kein Genehmigungsverfahren notwendig. Ob man das Modell immer direkt mitnehmen kann, liegt sicherlich auch an der Verfügbarkeit.

Rollator auswählen: Aufzahlung, Komfort und Design

Zur Auswahl stand ein kostenloses Standardmodell, aber es war schwer, sperrig und ehrlich gesagt nicht besonders ansprechend. Ich wusste sofort: Das passt nicht zu mir.

Ich schaute mir zwei der günstigeren Modelle mit Aufzahlung an. Ich durfte sie probeschieben, probesitzen und sogar einmal über den gepflasterten Hof fahren.

Am Ende entschied ich mich für das günstigste Modell. Es ist faltbar, schmal und wendig, Eigenschaften, die für mich wichtig sind. Ich musste noch 240 € Aufpreis zahlen, da es ein höherwertigeres Modell ist als das, was die Kasse übernimmt. Der Rückengurt war nicht inklusive, den habe ich später online nachbestellt, weil er dort deutlich günstiger war.

Im Nachhinein habe ich gesehen: Online gibt es eine viel größere Auswahl. Oft mit schönerem Design und zu besseren Preisen. Trotzdem bin ich froh, dass ich im Sanitätshaus direkt ausprobieren konnte, was zu mir passt. Die Griffhöhe wurde vor Ort angepasst und ich habe ein paar hilfreiche Erklärungen bekommen. Bei einem Kauf ohne Rezept online wird der Rollator nicht über die Krankenkasse abgerechnet, also auch nicht als medizinisches Hilfsmittel dokumentiert.

Hilfsmittel über die Krankenkasse: Was ich gerne früher gewusst hätte

Ein paar Dinge, die mir damals nicht bewusst waren, vielleicht helfen sie dir:

    • Standardmodell = Leihgerät
      Es gehört dem Sanitätshaus oder der Krankenkasse und muss zurückgegeben werden, wenn du es nicht mehr brauchst. Gut, wenn du den Rollator nur vorübergehend nutzen möchtest.
    • Modell mit Aufzahlung = dein Eigentum
      Wenn du ein leichteres oder kompakteres Modell willst, musst du etwas draufzahlen. Dann gehört der Rollator dir.
    • Gesetzliche Zuzahlung: 10 €
      Wenn du nicht davon befreit bist.
    • Zuzahlungsbefreiung
      Bei chronischer Erkrankung kannst du befreit werden, wenn du mehr als 1 % deines Bruttojahreseinkommens für medizinische Leistungen ausgegeben hast (2 % ohne chronische Erkrankung). Weitere Informationen dazu bei der Verbraucherzentrale.
    • Tipp: Belege aufheben!
      Für Pflegegrad, GdB oder Steuererklärung kann das später sehr hilfreich sein.

Fazit: Ein Rollator bedeutet nicht, dass du aufgibst

Ein Rollator bedeutet nicht, dass du aufgibst. Im Gegenteil: Er kann dir helfen, dir ein Stück Selbstständigkeit zurückzuholen oder wenigstens zu bewahren. Ich hätte mir gewünscht, dass mir jemand früher gesagt hätte:Es ist okay, Hilfe anzunehmen. Und dass mir jemand gezeigt hätte, welche Möglichkeiten es gibt. Auf meinem Blog findest du weitere Beiträge zu diesen Themen, zum Beispiel: Alltag meistern mit ME/CFS & Post-Covid: Struktur, Unterstützung & kleine Kraftquellen oder ME/CFS & Post-Covid: Kleine Dinge, große Wirkung – Reizreduktion, Energie sparen & Mobilität verbessern.

Der richtige Moment ist nicht erst dann, wenn gar nichts mehr geht. Der richtige Moment ist dann, wenn du spürst: So, wie es ist, geht es nicht mehr gut weiter.

Wenn dir ein Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt schwerfällt: Schreib eine E-Mail. Sag ehrlich, wie es dir geht. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Fürsorge – für dich.

Alles Gute und bis bald!

Carina

Ein wichtiger Hinweis

Ich habe keinen medizinischen Hintergrund. Alle Inhalte auf diesem Blog basieren ausschließlich auf meinen persönlichen Erfahrungen und Erkenntnissen. Sie dienen der Inspiration und dem Austausch und ersetzen keinesfalls eine professionelle medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung. Bitte denke daran, dass jeder Mensch anders reagiert. Was für mich funktioniert hat, muss nicht unbedingt auch für dich passend sein.

 

Ich bin Carina und teile hier meine Erfahrungen mit Post-Covid und ME/CFS. Nach meiner Covid-Erkrankung im April 2022 und einer erneuten Erkrankung im Januar 2025 habe ich gelernt kleine Fortschritte zu schätzen und neue Wege im Alltag zu finden. Mein Ziel: Mut machen, hilfreiche Tipps teilen und Kontakt zu Betroffenen.

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